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Der
alte, gehörschwache (taube) Hund.
Das Gehör meiner Hündin Tina
hat
innerhalb eines Jahres sehr stark abgenommen (2010-fast taub).
Wie
stellte ich dieses überhaupt fest?
Niemand
wird mit seinem Hund (ich nicht, Du sicher auch nicht) für regelmäßige
Gehör.- Seh.- oder gar Riechtests zum Tierarzt gehen.
Bei meiner Hündin bemerkte ich dieses Nicht-Reagieren auf Zurufe
zunächst in Verbindung mit lauten Umgebungsgeräuschen (wie rauschender
Bach, naher Verkehrslärm oder Stimmenwirrwarr). Da ich gewohnt bin,
dass sie zumindest den Kopf dreht wenn ich ihren Namen rufe.
Früher auf 10 Meter etwas lauter als Flüstern, schließlich hört der
gesunde Hund sehr viel besser als ein Mensch und wenn ich brüllen muss,
stimmt etwas in der Hierarchie nicht. Brüllen wirkt auch auf
entgegenkommende Spaziergänger oder Radfahrer nicht gerade beruhigend,
wer brüllt hat seinen Hund nicht unter Kontrolle. (Der Meinung bin ich
übrigens auch.)
Habe dann mit
der Lautstärke
getestet bei verschiedenen Entfernungen und Umgebungsgeräuschen,
zuletzt versagte sogar die Hundepfeife (diese wurde immer ohne
Verzögerung befolgt). Handzeichen funktionierten immer noch in
gewohnter Weise, also kein Ungehorsam vom Hund. Handzeichen haben aber
den großen Nachteil ich muss warten bis sie sich umschaut.
Blickkontakt suchte sie schon früher spätestens alle 10 bis 15 Sekunden
oder wenn sie etwas bemerkte. Gut, jetzt bemerkt sie aber nicht mehr
alles und 10 bis 15 Sekunden sind sehr lange, wenn ein Auto (Traktor)
auf einer Querstraße naht, sie es also nicht sehen kann (für Mensch und
Hund gefährlich lange).
Alternativen: Dauerndes
bei Fuß gehen oder Anleinen (wird vielleicht im Sommer bei hoch
stehendem Getreide, Gefahrenstellen ec. nicht anders gehen,
da
ich dann selbst nicht mehr alles sehen und hören kann). Wenn sie sich
öfters umdrehen würde, beim Vorweg laufen, könnten wir noch
größtenteils ohne Leine klarkommen.
Aber wie sag´
ich´s meinem Hunde?
Seit
der Feststellung ihrer Taubheit versuche ich sie ans vermehrte
Umschauen zu gewöhnen, klappt eigentlich ganz gut, zwischenzeitig sind
wir unter 5 Sekunden Abständen zwischen den Blickkontakten.
Unser
"Trainigsprogramm"
Suchspiele vermehrt kurz vor Kreuzungen
und ähnlichen Gefahrenstellen.
An willkürlich ausgesuchten Stellen, aber vermehrt vor Gefahrenpunkten,
werfe ich ein bis zwei (nicht zu viele, sonst dauert es zu lange)
Leckerli in die Wiese, mindestens einen Meter vom Rand entfernt, da sie
beim konzentrierten Suchen keinen Blickkontakt mehr aufnimmt, aber
schon automatisch in etwa diesem einen Meter Entfernung zum
Wegesrand absucht. Somit, falls doch etwas Unvorhergesehenes auftauchen
sollte, sie vom Weg abseits in der Wiese sucht. Ich gehe dann noch etwa
zehn Meter weiter, winke ihr zu kommen, Vorsitzen und dann in die
Richtung zum Suchen. Nach erfolgreicher Suche freut sie sich über
gestenreiches Lob und wir marschieren weiter.
An
unserer Hausstrecke steht ein schräger Baum, der sich besonders gut für
unser nächstes Suchspiel eignet. (Normale gerade Bäume tun´s auch.)
Beim Vorbeigehen zeige ich in die Richtung und lasse Tina etwa zehn
Meter vor dem Baum per Handzeichen in der Wiese sitzen und bleiben. Ich
gehe nun zur Rückseite des Baumes und stecke zwei bis drei Leckerli
unter dessen teilweise abstehende Rinde. (Bei schrägen Bäumen hält es
besser). Eines davon ruhig etwas höher, so muss sie sich schon etwas
anstrengen und lang machen.
Nun gehe ich zurück, stelle mich
neben
sie und schicke sie dann zum Suchen Richtung Baum. Dieses Spiel macht
sie mit größter Begeisterung, ihr Schwanz dreht sich wie ein Propeller
beim Spurt zum Baum.
Ein
weiteres Spiel ist, ich
finde ein Leckerli am Wegesrand, ich bücke mich und werfe es ca. einen
halben Meter in die Wiese, winke ihr zu kommen und zeige ihr die
Richtung (ohne formelles vorheriges Sitzen, bei Gefahr ist sie dann
schneller in der Wiese und meistens hocke ich ja selber). Oder ich
verstecke es unter einem Stein, Grasbüschel oder im Mauseloch, was die
Suche spannender macht. Dieses Spielchen stärkt zudem noch meine
Rudelführer Position, der Alte findet immer etwas und er gibt dem Rudel
davon ab.
Ein schon
vor ihrer
Schwerhörigkeit von uns geübtes Spiel ist das Sitzen auf Entfernung.
Ein schneller seitlicher Fingerzeig welcher bis 50 Meter auch von Tina
noch sehr gut gesehen wird. Sie sitzt dann allerdings an der Stelle wo
sie sich gerade befindet. Unter Umständen mitten auf dem Weg, also nur
bei Fußgängern oder Radfahrern zu gebrauchen. (Bei Autos lasse ich sie
immer Kommen.) Ich schließe dann zu ihr auf und lobe sie, oder gehe mit
einem Bleib an ihr vorbei und lasse sie 15 Meter später Nachkommen,
Vorsitzen und Loben. (Gestik, Berührung, oder Leckerli. Reihenfolge bei
der Stärke des Lobes einhalten, nicht immer sofort das Leckerli
einwerfen dadurch wird die Berührung oder Geste unwichtig.)
Vor
allen Dingen nicht vergessen die Leckerlis an der täglichen
Futterration abziehen!!
Gewolltes
Ergebnis:
Der Sinn der ganzen Spielchen neben der
Unterhaltung für Mensch und Hund.
Sie dreht sich andauernd um, ob ich wohl gerade in die Hosentasche
greife und ein Leckerli hole um ein Spiel vorzubereiten.
Sollte sie dann allerdings (nachdem sie die Vorbereitung spitz bekommen
hat) selbstständig bei Fuß gehen, ignoriere ich dieses, sollte sie
automatisch vor unserem schiefen Baum sitzen, ebenso. Ich beginne und
beende nach wie vor ein Spiel.
Mit diesen
Spielchen gewinnen wir zwar keinerlei Pokale oder Prüfungen, doch für
unsere Zwecke sind die Ergebnisse gut bis sehr gut.
Alte
Hunde
(wie alte Menschen übrigens auch) freuen sich über das Gefühl vom Rudel
(Familie) gebraucht zu werden. Deshalb führt Tina solche kleinen, für
sie immer noch leicht zu bewältigende Tätigkeiten (für uns Menschen
sind es Spielchen) sehr freudig aus.
Zu Tinas gut
hörenden
Zeiten konnte sie, am Geräusch der Schritte vor dem Haus, erkennen ob
sich eine bekannte oder unbekannte Person nähert. Durch Bellen zeigte
sie unbekannte an.
Neulich als
ich nach Hause kam
lag sie im Tiefschlaf in ihrem Korb, und erschrak gewaltig als sie
aufwachte und ich vor ihr stand. (Habe inzwischen eine Möglichkeit
gefunden sie aufzuwecken ohne Schrecken, ich halte ihr ein Leckerli vor
die Nase, nach 10 Sekunden und einem tiefen Nasenzug erwacht sie ganz
langsam.)
Wenn Kinder bei uns
sind, müssen diese
unbedingt informiert werden, um sich dem Hund von vorne und nicht von
hinten überraschend zu nähern oder ihn zu berühren. Tina könnte
erschrecken und die Kinder eventuell umwerfen.
Auch ist es uns schon passiert, dass ein fremder Hund leise knurrte zur
Warnung, ohne die Lefzen hoch zu ziehen, was Tina natürlich nicht hören
konnte, in solchen Situationen bin dann ich gefordert.
Auch bleibt sie öfters stehen, Ohren und Kopf hoch aufgerichtet und
fixiert in eine Richtung, früher ein eindeutiges Zeichen, dass dort
etwas los ist, heute ist dort nichts.
Ob es einem
gehörschwachen -losen Hund auffällt, dass es seltsam (beunruhigend)
still um ihn herum ist?
Nun hat sie viele Jahre lang
für mich mitgehört und vor Gefahren gewarnt,
nun werde ich die
letzten paar (??) Jahre für sie mithören und sie warnen.
Tina
durfte am 30.Mai 2012 unter Tierärztlicher Aufsicht einschlafen
(Karzinome).
R.Schneider
(Auch
für gesunde Hunde sind solche "Spielchen" beim Aufbau einer Beziehung
zum Menschen dienlich)
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